Nachbehandlung

A / 2011 / Animationsfilm / 11 min

 

Eine Frau geht zur Nachbehandlung einer Handverletzung ins Krankenhaus. Die gläsernen Türen schließen sich hinter der Patientin. Sie betritt einen Mikrokosmos mit eigener Zeitrechnung. Die wechselnden Namen auf Bildschirmen markieren den Countdown bis zum Termin. Vorher heißt es warten.

Die unterschiedlichsten Menschen haben auf den fest montierten Bänken Platz genommen, ein Gratisboulevardblatt, einen Lebensratgeber oder einen Werbeprospekt vor Augen. Aus dem Halsausschnitt eines T-Shirts ragt hinten das Etikett. An die Tür von Umkleide F hat jemand einen Zettel mit der handgeschriebenen Anmerkung „FEST DRÜCKEN“ geklebt. Den Anmeldeschalter rahmen innen Ansichtskarten aus aller Welt. Telefongesprächsfetzen, das Dröhnen der Reinigungsmaschinen, das Ding-Dong der Patientenaufrufe oder das Glöckchen an der Fessel eines Mädchens machen in diesem Ambiente den Sound.

Nachbehandlung von Edith Stauber begleitet und durchbricht in knapp elf Minuten die Routine vom Erreichen bis zum Verlassen des Gebäudes. All seine beiläufigen Beobachtungen verdichten sich zu einem konkreten und wiedererkennbaren Eindruck. Fast meint man, eigene Erinnerungen zu sehen. Die oberösterreichische Filmemacherin – und Filmvorführerin – Stauber hat schon früher ihre nähere Umgebung filmisch erkundet: Über eine Straße (gemeinsam mit Michaela Mair, 2004) war noch eine klassische dokumentarische Recherche entlang eines zentralen Linzer Straßenzugs. Bei Eintritt zum Paradies um 3€20 (2008) arbeitete Stauber dann nicht mehr mit Realfilm, vielmehr übertrug sie ihre präzisen Momentaufnahmen aus einem städtischen Freibad in zart gefärbte, animierte Bilder in Mischtechnik. Dieses Verfahren kommt bei Nachbehandlung das zweite Mal zum Einsatz. Zugleich bleibt Stauber thematisch an jenen Schnittstellen im öffentlichen Raum, wo der private Mensch seinen (verwundbaren) Körper vertrauensvoll preisgibt.
(Isabella Reicher)