Die Geträumten

A / 2016 / Dokumentarfilm

 

Um Liebe und Hass, um richtige und falsche Worte, geht es in dem Film „Die Geträumten“. Im Zentrum stehen Ingeborg Bachmann und Paul Celan, die sich im Nachkriegswien kennengelernt haben. Deren Briefwechsel bildet die Textgrundlage. Zwei junge Schauspieler, Anja Plaschg und Laurence Rupp, treffen sich in einem Tonstudio, um daraus zu lesen. Die dramatisch schwankenden Gefühle der Briefe – zwischen Rausch und Verlustangst, Entzücken und Erschrecken, Nähe und Fremdheit – gehen auf die Schauspieler über. Aber sie amüsieren sich auch, streiten, rauchen, reden über Tattoos und Musik. Ob die Liebe damals oder die Liebe heute, ob Inszenierung oder Dokumentation: Wo die Ebenen verschwimmen, schlägt das Herz des Films.

REGIE-STATEMENT Alles ist immer auch das Gegenteil. Die Medien erzählen uns gerne, dass wir in einer Zeit der Vergletscherung der Gefühle, der Vereinsamung im Internet- Supermarkt der Liebespartner leben. Gleichzeitig steigt das Bedürfnis nach Auseinandersetzung mit authentischen Erlebnissen und Gefühlen. Die klassischen großen Liebesgeschichten haben nichts an Aktualität eingebüßt. Ingeborg Bachmann und Paul Celan gehören in die Reihe großer, moderner Liebender. Ihre Liebe ist einerseits einzigartig, sie steht aber auch paradigmatisch für die Möglichkeit und Unmöglichkeit einer Begegnung nach der Katastrophe des Krieges und der Vernichtung. Die wohl wichtigsten deutschsprachigen Dichter der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ringen um jene Fragen, die ich mir selbst immer wieder gestellt habe: Was bedeutet Liebe in unserer modernen bzw. post-modernen Zeit? Wie viele Generationen weit reicht die Zerstörung von Empathie und Vertrauen durch die NS-Ideologie in deren Kernländern Deutschland und Österreich? Sind Leben und Kunst vereinbar? Ruth Beckermann