Kinostarts im September 2014

Eintrag vom 1. September 2014

 

Im September starten Auf den Barockaden, Ulrich Seidl und die bösen Buben und Das große Museum in den österreichischen Kinos

Auf den Barockaden

Regie: Doris Kittler, A 2014, 85 min.

Ab 30. September im Kino

Im sonst so gemütlichen Wien tobt eine heftige Kontroverse: Der öffentliche, barocke Park Augarten soll mit einer privaten Konzerthalle für die Wiener Sängerknaben verbaut werden. Den Bürgerinnen und Bürgern reichts und sie wehren sich: Mit irritierendem Humor und barocken Gelagen wird auf skandalöse Vorgänge rund um Machenschaften zwischen Politik, Bauwirtschaft und Männerbünden aufmerksam gemacht, die sich skrupellos über die Bedürfnisse der BürgerInnen hinwegsetzen und demokratische Prozesse, sowie Gesetze wenig elegant umschiffen.

Dieser Film ist eine Zeitreise auf die bizarre Bühne eines Wiener Grätzls, wo sich ungewöhnliche Figuren zwischen kreativem Aktionismus und dem knallharten Alltag eines Bürgerprotestes bewegen. Wir erleben eine Geschichte, die in der allgemeinen Aufbruchsstimmung des neuen Jahrtausends exemplarisch für viele Proteste auf der ganzen Welt steht.

Ulrich Seidl und die bösen Buben

Regie: Constantin Wulff, A 2014, 52 min.

Am 28. September 12:00 Uhr im Stadtkino Wien

Das Portrait ULRICH SEIDL UND DIE BÖSEN BUBEN zeigt den umstrittenen österreichischen Filmemacher Ulrich Seidl zum ersten Mal bei der Arbeit. Die vieldiskutierte „Methode Seidl“, sie wird in ganz direkter Weise anschaulich gemacht: Die Kamera schaut Seidl bei den Dreharbeiten zum aktuellen Kinofilm „Im Keller“ geduldig über die Schulter und beobachtet ihn bei den Proben zu seiner jüngsten, provokanten Theaterinszenierung „Böse Buben/Fiese Männer“. In Kombination mit ausführlichen Gesprächen und Ausschnitten aus früheren Filmen entwirft der Film mittels einer beziehungsreichen Montage das Bild eines faszinierenden Ausnahmekünstlers: Es wird deutlich, wie sehr Seidls gesamtes Schaffen selbst eine Suche ist, bei der er sich vom „Realen“ genauso leiten lässt wie von seinen eigenen Visionen und Dämone

Das große Museum

Regie: Johannes Holzhausen, A 2014, 94 min.

Ab 5. September im Kino

Der Kinodokumentarfilm DAS GROSSE MUSEUM ist ein neugieriger, verschmitzt humorvoller Blick hinter die Kulissen einer weltberühmten Kulturinstitution. Über zwei Jahre hat sich Regisseur Johannes Holzhausen im Kunsthistorischen Museum in Wien mit seinem Filmteam umgesehen. In aufmerksamem Direct Cinema-Stil - kein Off-Kommentar, keine Interviews, keine Begleitmusik - beobachtet der Film die vielgestaltigen Arbeitsprozesse, die daran mitwirken, der Kunst ihren rechten Rahmen zu geben. Die Kette ineinander greifender Rädchen reicht von der Direktorin zum Reinigungsdienst, von den Transporteuren zur Kunsthistorikerin.

Der Film zeigt routinierte Handgriffe, vor allem aber lebhafte Mikrodramen, in denen die Arbeitskräfte als Protagonistinnen und Protagonisten hervortreten: Eine Restauratorin ist der Geschichte eines mehrfach bearbeiteten Rubens-Gemäldes auf der Spur; ein anderer verzweifelt ausdrucksstark an der Reparatur eines Modellschlachtschiffs. Eine Frau vom Publikumsdienst fühlt sich am Haus nicht integriert; ein verdienter Sammlungsleiter wird in den Ruhestand verabschiedet. Eine Kunsthistorikerin erlebt Aufregung und Frustration einer Auktion; der kaufmännische Leiter empfindet die "3" auf einem Plakatmotiv als zu "bissig". So entsteht nicht nur das Portrait einer staatlichen Kultureinrichtung, die ihre Integrität mit Budgetvorgaben und Konkurrenzdruck ausbalancieren muss. Unangestrengt stellt DAS GROSSE MUSEUM auch weiter reichende Fragen: Wie lässt sich vermitteln zwischen der Bewahrung der Werke und ihrer zeitgemäßen Präsentation? Welche Zwecke hat Kunst für die Selbstdarstellung einer Nation in Politik und Tourismus zu erfüllen?

Dem Dokumentaristen Johannes Holzhausen gelingt ein behutsames Gleichgewicht zwischen dem einzelnen Moment und der übergreifenden Erzählbewegung, das schon seine frühere Arbeiten auszeichnete. Die präzise Kamera (Joerg Burger, Attila Boa) und der pointierte Schnitt (Dieter Pichler) dienen der geduldigen Beobachtung und Reflexion, so wie die Protagonisten sich im Dienst einer Institution verstehen, die sie überdauern wird. Darin ist DAS GROSSE MUSEUM auch ein Film über Zeitlichkeit und Vergänglichkeit: Er setzt den tagtäglichen Betrieb in Bezug zur Tradition des Hauses, die in der Habsburger-Monarchie fußt, und zum Anspruch der Kunstobjekte auf Zeitlosigkeit.